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letzte Änderung: 25.02.2024
Sicherlich, Bienenstiche (ganz im Gegensatz zu ihren Gegenstücken in der Konditorei) sind unangenehm. Hinweise des Imkers, dass sie gut gegen Rheuma sind, werden meist nicht positiv aufgenommen. Wenn die meisten Menschen das Wort "Biene" hören, so werden ihre Gedanken fast automatisch auf "Honig" oder "Stachel" gelenkt und sie reagieren mit Angst. Den nützlichen Tierchen wird längst nicht die Bedeutung beigemessen, die ihnen im Haushalt der Natur gebührt. Seit 1793 weiß man durch C. K. SPRENGEL um die Bedeutung der Bienen für die Bestäubung der Pflanzen. In den damaligen vorwiegend landwirtschaftlich orientierten Gesellschaften sicherte die Biene das Überleben der Menschen. Bienenstiche mussten von unseren Vorfahren hingenommen werden; man wollte schließlich Honig essen. Dieser war bis zum 16. Jahrhundert der einzige Süßstoff.
In der heutigen Zeit arbeiten nur noch wenige Menschen in der Landwirtschaft, der überwiegende Anteil der Menschen ist im Dienstleistungsgewerbe beschäftigt. Hungersnöte gibt es bei uns nicht mehr; fast alle Obst- und Gemüsesorten sind während des ganzen Jahres auf dem Markt und in den Geschäften erhältlich. Selbst der überwiegende Teil des in Deutschland konsumierten Honigs wird importiert. So ist die wirtschaftliche Bedeutung der Honigbiene für den Normalbürger gering.
Einige Menschen behaupten, so allergisch gegen Bienenstiche zu sein, dass sie wahrscheinlich beim nächsten Stich sterben würden. Meistens wird dann auch gleich auf die alte Mär verwiesen, dass 3 Hornissenstiche einen Menschen und 7 ein Pferd töten können. Abgesehen davon, dass dies völliger Unsinn ist und sicherlich Millionen Hornissenvölkern das Leben gekostet hat, ist dem Aberglauben und der Angst vor Bienen nur schwer beizukommen. Auch viele Ärzte überbewerteten die Gefahr durch Insektenstiche. Grundsätzlich muss man die toxische und die allergische Wirkung der Insektengifte deutlich voneinander unterscheiden.
In der Toxikologie wird die Giftigkeit einer Substanz als LD50 angegeben. Diese Zahl gibt die Giftmenge an, bei der die Hälfte der ihr ausgesetzten Personen oder Versuchstiere stirbt. Die LD50 beträgt für Bienengift und den Menschen etwa 2,8 mg/kg Körpergewicht, das entspricht 19 Stichen unter der Voraussetzung, dass die gesamte Giftmenge injiziert wurde. Für einen 70 kg schweren Erwachsenen ergeben sich 1330 Bienenstiche. Vielfach wurden jedoch weit mehr Stiche überlebt (SCHMIDT, 1992). 1964 wurde von MURRAY ein Fall beschrieben, in dem ein Mann 2243 Bienenstiche überlebte; im Guiness Buch der Rekorde von 1973 wird die größte Zahl von Bienenstichen, die überlebt wurde, mit 2443 angegeben. Derartige Fallbeschreibungen sind selten, da die normale Reaktion des derartig bedrängten Menschen die Flucht ist.
Unsere einheimische Biene und auch andere bei uns heimische Stechinsekten verfolgen den vermeintlichen Angreifer nur über kurze Distanz, ganz im Gegenteil zu den afrikanisierten Bienen in Lateinamerika. Der Bienenstich ist in den meisten Fällen die Antwort des Insekts auf die von ihm empfundene Bedrohung des Insektennests. Außerhalb des Nestbereiches neigen Bienen nicht zum Stechen.
Der Imker weiß, wie er sich am besten schützt. Er respektiert die Abneigung der Bienen gegen Körpergeruch, Alkohol und schnelle unkontrollierte Bewegungen und reagiert auf einen Stich nicht mit ruckartigen Bewegungen. Den Stachel entfernt er, ohne dass beim Herausziehen weiteres Gift in die Wunde gedrückt wird.
Allergien können gegen fast jede nur erdenkliche Substanz entwickelt werden. Etwa jeder dritte Bundesbürger leidet an einer Allergie. 15 % dieser Menschen mit allergischer Disposition müssen mit einer Reaktion auf Insektengifte rechnen (PIZ, 1984). Somit wären in der Bundesrepublik (alte Länder) etwa 2,8 Millionen Menschen durch Insektenstiche bedroht. Eine allergische Reaktion ist unabhängig von der Zahl der Stiche und kann zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen. Allerdings ist nicht jede Form der Allergie lebensbedrohlich. Von den Allergien ist die völlig normale, örtlich begrenzte Hautreaktion bei Bienenstich zu unterscheiden. Die beobachteten Symptome Juckreiz, Schwellung, Schmerz, Rötung mit einem weißen Bezirk um die Einstichstelle sind völlig ohne Krankheitswert und Seiten so stark ausgeprägt, dass man sie behandeln müsste (ausgenommen sind Schwellungen im Hals, Mund und Rachenbereich - hier besteht die Gefahr der Verlegung der Atemwege.
Bei Bienenstichen spielt nur die überempfindliche Reaktion eine Rolle. Sie ist im wesentlichen für die Todesfälle durch Bienenstich verantwortlich. Voraussetzung für diese Reaktion ist ein vorausgehender Kontakt mit dem Antigen (vorausgehender Stich). Immunglobuline der Gruppe E (1gE-Antikörper) sind für die Reaktion verantwortlich. Sie sitzen an der Zellenoberfläche von Mastzellen. Kommen sie in Kontakt mit dem zu ihnen passenden Antigenen (Bienengift), werden aus der Mastzelle verschiedene aktive Substanzen (Histamine usw.) freigesetzt. Die Überempfindlichkeitsreaktion läuft anschließend definitionsgemäß sofort mit den Hauptsymptomen Atemnot (durch Verkrampfung der Bronchien und Schwellung im Kehlkopf), deutlichem Blutdruckabfall, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen ab. Meist treten jedoch derartige tödlich verlaufenden Reaktionen nur bei erblich dafür besonders veranlagten Menschen auf.
Bei Überreaktionen ist die sofortige Gabe von Adrenalin, Cortison und einem Antihistaminikum angezeigt. Wirklich gefährdete Personen sollten oben genannte Medikamente stets bei sich führen. Wichtig ist wohl aber auch, die Ruhe zu bewahren.
70 % aller allergischen Reaktionen treten innerhalb von 10 Minuten, 98 % innerhalb einer Stunde nach dem Stich auf. 15 Minuten nach der Reaktion ist die Hauptgefahr überwunden. Danach ist mit keiner weiteren Verschlechterung zu rechnen. Angeblich erhöht sich die Gefahr einer allergischen Reaktion durch Einnahme von entzündungshemenden Medikamenten. Nur ein Teil der anaphylaktischen Reaktionen verläuft lebensbedrohlich, wobei mit zunehmendem Lebensalter die Gefahr zunimmt, da die Widerstandskraft des Körpers abnimmt.
Generell geht von Bienen keine ernstzunehmende Gefahr aus. Nach einer Statistik aus den USA von 1986 lassen sich 0,0008 % aller Todesfälle auf Bienenstiche zurückführen.
Etwas anschaulicher bedeutet das:
Im direkten zahlenmäßigen Vergleich bedeutet dies, dass ein Hund mehr als 100.000mal lebensgefährlicher ist als eine Biene. Für die Bundesrepublik Deutschland liegen keine Schätzungen der Zahl der Todesfälle durch Bienenstiche vor. Bei insgesamt 7.758.749 Todesfällen im Zeitraum von 1980 bis 1990 besteht bei insgesamt 135 Fällen ein Zusammenhang mit Bienen-, Wespen- und Hornissenstichen. Daraus errechnet sich eine Mortalität von 0,00017%. Die Zahl liegt damit etwa 5 mal niedriger als die Zahl der nur durch Bienenstiche getöteten Menschen in den USA. Dies ist vielleicht auch als Resultat des Bemühens vieler Imker um die Zucht einer sanftmütigen Biene zu werten. Setzt man die Zahl der durch Insektenstiche getöteten Menschen in Beziehung zur Zahl der durch Allergie gefährdeten Menschen, ergibt sich, dass jährlich 0,0000004% der Gefährdeten tatsächlich durch Insektenstiche sterben.
So ist nicht die reale Bedrohung des Menschen durch Bienen und andere Stechinsekten (Wespen, Hornissen u. a.) die Ursache für die Angst vor diesen Tieren, sondern die Entfremdung des Menschen von der Natur. Der Mensch bezeichnet sich selbst als "Krone der Schöpfung" und "einziges vernunftbegabtes Wesen". Daraus ergibt sich jedoch nicht die Ermächtigung zur Vernichtung anderer Lebewesen und der Einteilung in nützliche und schädliche Tiere. Er sollte deren Bedeutung für das Ökosystem erkennen. Vielleicht sollte er sich auch fragen, welcher der beiden Kategorien "nützlich" oder "schädlich" er zugeordnet werden müsste.
Die einzige Lösung zu dem Problem "Angst vor Bienen" und "Angst vor Bienenstichen" heißt wahrscheinlich Aufklärung. Der richtige Umgang mit Tieren allgemein sollte bereits in der Schule gelehrt werden.
Die Imker sind gerne bereit mit Ihnen dieses Thema zu besprechen und klären Sie auch gerne über den richtigen Umgang mit Bienen auf.